Entwicklung des Flugmodellsports im Biebergrund und des Modell- und Freizeitclubs Biebertal e.V. .... aufgezeichnet von Helmut Schmitz
Den Ursprung des Modellfluges im Biebergrund vor 1939 darf man wohl in den Aktivitäten der Flieger-HJ (Hitlerjugend) sehen. Leiter und Antreiber des Modellbaues war dabei Wilhelm Grob, genannt "Jumbo" aus Bieber. Ich selbst kam 1942 als sogenannter "Ausgebombter" von Neuss/Rh. nach Lanzingen. Dort wurde ich dann, wie damals üblich, "pflichtgemäß" Mitglied der HJ. In der alten Schule hatten wir einen gut ausgestatteten Bastelraum. Dort bauten wir nach Bauplänen Segelflugmodelle wie "Jungvolk", "Rhön" etc. Die Werkstatt in Bieber (im Saale der Gaststätte "Zur Schmelz") war noch besser aus- gestattet und verfügte unter anderem über eine elektrische Kreissäge und über eine Band- säge.
Die Fliegergruppe in Bieber hatte dort sogar den für die Flugschulung eingesetzten Schulgleiter ("SG") 38 gebaut. Außerdem entstand dort auch das erste Motor-Freiflug- modell mit einem 10 ccm Benzinmotor. Dieses Modell wurde erstmals 1943 auf dem Geisberg bei Geislitz gestartet. Es legte dabei eine ziemlich große Strecke zurück, und wir brauchten lange, um es zu finden und wieder zurückzubringen. Da wir später alle zum Kriegsdienst eingezogen wurden und z. T. - wie ich auch - in Kriegs- gefangenschaft gerieten, waren unsere Werkraume verwaist. Dies führte gegen Kriegsende dazu, dass diese geplündert wurden. Wilhelm Grob (Jumbo) hatte nach dem Krieg eine Holzspielwaren-Fabrikation aufgebaut und hatte offensichtlich doch einiges an Material retten können. So besaß er etliche Modell- Motoren vom Typ "Kratmo 10", von denen er auch einen Teil weitergab. Arnold Mann aus Bieber war schon als Schüler immer "beim Jumbo", um Flugmodelle zu Bauen und natürlich auch fliegen zu lassen.
Nach Beendigung seines Ingenieur-Studiums begann er, seine Modelle zu motorisieren, unter anderem eine "Caravelle" von Graupner mit einem 10 ccm OS-Motor. Zusammen mit seinem Schwiegervater (Heinz Stichel, Lohrhaup- ten) baute er eine Fernsteuerung mit Servos, deren Zahnräder aus alten Weckern (!) stammten. Damit ließen sie ihr Modell bei Lohrhaupten und auch bei Bieber fliegen. Diese Fernsteuerung und auch die "Caravelle" existieren heute noch. In Bieber wurden seinerzeit sogar Flugtage veranstaltet. Geflogen wurde damals - heute undenkbar - o h n e Schall- dämpfer. Die nächsten Modellflugbegeisterten, die zu Arnold Mann stießen, waren Gerd Haese aus Lanzingen sowie Gerhard Ronneburg aus Bieber, später dann Gunter Ullmann aus Rossbach und ich selbst. Geflogen wurde am "Kalkofen" bei Bieber. Später pachteten wir ein total verwildertes Grundstück in der Nähe des evangelischen Jugendheimes. lnzwischen gab es auch schon gut funktionierende Fernsteuerungen und Anfänger-Modelle von Graupner und Robbe.
Ein Neueinstieg war damals allerdings eine sehr kostspielige Angelegenheit: Ca. 1000,- DM mußte man für eine Komplett-Ausrüstung schon ausgeben. Das Gelände am Jugendheim erwies sich als nicht ideal, zudem häuften sich die Beschwerden der Anlieger (Wochenendhausbesitzer). Deshalb gingen wir wieder auf Platzsuche und fanden die "Krumme Wiese" zwischen Kassel und Lanzingen. Obwohl wir damals noch kein Verein waren, wurde wieder ein Flugtag veranstaltet, mit Gäs- ten aus Frankfurt, Frammersbach und Niedermittlau. Von der großen Resonanz waren wir total überrascht; auch stießen danach weitere Gleichgesinnte zu uns. Daraufhin entschlos- sen wir uns, einen Verein zu gründen. Gründungsversammlung war damals 1979/80 in der Gaststätte "Bayerischer Hof in Breitenborn. Gründungsmitglieder waren: Arnold Mann, Gerd Haese, Gunter Ullmann, Dieter Bergmann, Helmut Schmitz, Hartmut Menzel sowie Gerhard Huth. Hinzu kamen unsere Jugendlichen Stephan Mann, Martin Schmitz, Christoph Steinkamp, Heiko Krampe und Mathias Genz. ln den Vorstand wurden gewählt: Helmut Schmitz (1. Vors.), Dieter Bergmann (2. Vors.), Gerd Haese (Kassenwart), und Gunter Ullmann (Schriftführer). Im Jahre 1981 versuchten wir, in den Deutschen Modellflieger Verband (DMFV) aufgenom- men zu werden. Bedingt durch einen tragischen Flugunfall, bei dem der gesamte Vorstand des gerade erst gegründeten DMFV ums Leben kam, scheiterte dies. Der DMFV mußte sich erst wieder neu formieren. 1981 erfolgte der Eintrag ins Vereinsregister beim Amtsgericht Gelnhausen. Der Name "Modell- und Freizeitclub Biebertal" wurde auf Vorschlag von Arnold Mann gewählt, um zu dokumentieren, daß wir nicht nur für den Modellflug-Sport offen waren. 1982 erfolgte dann die Aufnahme in den DMFV.
Aus 1983 ist noch eine Beitragsliste vor- handen. Wir versuchten dann mit Hochdruck, für die "Krumme Wiese" eine Motorflug- Genehmigung zu erhalten, veranstalteten auch noch zwei gut besuchte Ausstellungen im Bürgerhaus Kassel bzw. im Dorfgemeinschaftshaus Roßbach. 1984 war es jedoch endgültig vorbei mit der Motorfliegerei: Wir bekamen Flugverbot, und der Verein fiel auseinander. Zusammen mit meinem Sohn Martin trat ich dem Luftsportclub Frammersbach bei. Dieter Bergmann ging zum Modellbauclub Hanau. Der Verein wurde im Register nicht gelöscht, jedoch 1985 beim DMFV abgemeldet. In der Gemarkung Kassel waren schon seit 1980 Segelflieger aktiv, angeführt von Heinz Weber aus Wachenbuchen. Diese Gruppe nannte sich "Biebertalsegler". Zu einer Vereins- gründung kam es jedoch nicht. Schon bald gab es auch da Schwierigkeiten. Insbesondere machte ihnen ein Vogelschutzbeauftragter das Leben - oder besser gesagt das Fliegen - schwer. Es kam sogar so weit, daß an der Auffahrt zum Oberberg ein Verkehrsschild (?) mit der Aufschrift "Modellfliegen verboten" angebracht wurde. Dieses Schild mußte dann aber wieder entfernt werden. Obwohl hier nur Segler flogen, wurde der Flugbetrieb so nachhaltig beeinflußt, daß er fast zum Erliegen kam.
Erst 1993/94 kam ich zu den Biebertalseglern, die inzwischen nur noch aus 4 - 5 Aktiven bestanden. Heinz Weber war inzwischen schwer erkrankt und verstarb im Frühjahr 2000. Man trug mir die Leitung der Gruppe an. Dies nahm ich unter der Bedingung an, daß alle Biebertalsegler in den Modell- und Freizeitclub eintraten. Sie stimmten dem zu, und so war ich zunächst Vorsitzender. Kassierer und Schriftführer des wieder auflebenden Vereines. Meine ersten wesentlichen Maßnahmen betrafen die Sicherung des vorhandenen Geländes: Pachtverträge wurden geändert oder neu abgeschlossen. So kamen wir am Erkberg erst durch Zupachtung von 3 weiteren Grundstücken zum nunmehr möglichen regulären Flugbetrieb. Zwar versuchten hier auch wieder Jäger und Jagdgenossen, unsere Aktivitäten zu verhindern. Als eingetragener und inzwischen auch als gemeinnützig anerkannter Verein konnten wir jedoch in Verhandlungen mit der Gemeinde und dem Main- Kinzig-Kreis unsere Rechte durchsetzen:
Mit Bescheiden vom 27 .11.03 bzw. 12.2.04 erhielten wir durch den Kreisausschuß - Untere Naturschutzbehörde - offiziell die Genehmigung zum Modellflugbetrieb. Nachdem der Verein inzwischen auch auf über 80 Mitglieder angewachsen ist, kann man sagen, wir sind in Biebergemünd etabliert.